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Deshalb liebt unser Gehirn Bilder

Wie heisst es doch so schön? «Ein Bild sagt mehr als tausend Worte». Da ist bestimmt viel Wahres dran: Bilder helfen uns beim Lernen, Bilder erregen Aufmerksamkeit, Bilder erklären schwierige Konzepte, Bilder inspirieren – aber wieso? Warum sind Bilder so wirkungsvoll? Wieso liebt das menschliche Gehirn Bilder so sehr?

Der Sehsinn ist zentral: Bilder sind Text überlegen

Der Sehsinn gilt allgemeinhin als wichtigster Sinn für unsere Wahrnehmung. Eine neuere Studie (1) zeigt allerdings, dass dies stark kulturell geprägt und keineswegs allgemeingültig ist. Dennoch: unser Gehirn ist darauf ausgerichtet, via Bilder Informationen aufzunehmen, weiterzuleiten und zu verarbeiten.

Die Visualisierung funktioniert aus menschlicher Sicht, weil wir auf visuelle Daten besser reagieren und sie besser verarbeiten als jede andere Art von Daten. Tatsächlich verarbeitet das menschliche Gehirn Bilder 60.000-mal schneller als Text, und 90 Prozent der an das Gehirn übermittelten Informationen sind visuell.

Bilder sind auch deshalb besser als Texte, weil das Lesen für uns so ineffizient ist. Unser Gehirn sieht Wörter als einzelne Bilder, die wir zuerst erkennen müssen. Dafür ist das Erscheinungsbild und die Reihenfolge der Buchstaben wichtig – bis zu einem gewissen Grad. Denn unser Gehirn ist ganz gut darin, auch Wörter zu lesen, wenn innerhalb des Wortes Buchstaben vertauscht (2) sind. Wichtig sind vor allem der erste und der letzte Buchstabe, die Reihenfolge der Buchstaben dazwischen ist zweitrangig.

Wer selber testen will, wie gut das Gehirn dies bewerkstelligt, findet hier (3) ein Beispiel. Diese Gedankenleistung der Übersetzung von Buchstaben in Bilder kostet allerdings etwas Zeit. Daher ist die Bildverarbeitung im Gehirn schneller als die Textverarbeitung.

Bilder sind eine Frage der Geschwindigkeit

Unser Hirn erkennt Bilder sehr schnell - Blog von speakture

Nicht nur beim Laden einer Webseite geht es um Tempo. Generell geschieht die Informationsübermittlung von Auge ans Gehirn in einer unvorstellbaren Geschwindigkeit. Wenn wir ein Bild sehen, analysieren wir es innerhalb kürzester Zeit, geben dem Bild Bedeutung und betten es in einen Kontext ein. Das menschliche Gehirn ist in der Lage, ein vertrautes Objekt innerhalb von 100 Millisekunden zu erkennen. Eine Studie des renommierten MIT geht davon aus, dass sogar nur 13 Millisekunden ausreichen, um auch unbekannte Bilder zu erkennen. Man lasse sich das mal auf der Zunge zergehen: Dreizehn. Milli. Sekunden.

Hast du gerade überrascht geblinzelt? Tja, dein Augenlid ist einiges langsamer als dein Auge. Durchschnittlich dauert ein Blinzeln zwischen 300 und 400 Millisekunden. Eine ganze Weile im Vergleich zu den 13 Millisekunden. Unser Hirn ist echt schnell!

Bilder helfen dabei, Konzepte zu erraten

Wenn Informationen ins Gehirn geleitet werden, sind wir in der Lage, schnelle Verbindungen zu bereits gespeicherten Informationen in unserem Gedächtnis herzustellen. Mit diesen Assoziationen und Gedankenbrücken verankern wir Konzepte in unserem Gehirn. Konzepte und Muster finden (7) – damit beschäftigt sich unser Gehirn den ganzen Tag. Es versucht zu verstehen, was wir sehen. Und das ist ziemlich anspruchsvoll. Unser Gehirn muss dabei viel raten. Weshalb? Wir bewegen uns in einer dreidimensionalen Welt. Das Licht fällt allerdings nur zweidimensional auf unsere Netzhaut. Den Schritt von zwei- zu dreidimensional hält unser Gehirn auf Trab.

Bilder entlasten unser Gehirn

Unser Gehirn liebt nicht nur Bilder, weil sie „schön“ anzusehen sind, sondern vor allem, weil sie ihm das Leben erleichtern. In einer Welt, in der wir täglich mit unzähligen Informationen überflutet werden, ist es eine wahre Herausforderung, all diese Daten zu verarbeiten. Texte erfordern mehr Konzentration, mehr Zeit und eine intensive Verarbeitung, wie wir weiter oben gesehen haben. Bilder hingegen bieten eine Art kognitive Abkürzung.

Das liegt daran, dass visuelle Informationen direkt und schneller vom Gehirn verarbeitet werden. Bilder haben die einzigartige Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge mit einem Blick verständlich zu machen, ohne dass unser Gehirn jedes Detail einzeln analysieren muss. Anstatt mehrere Sätze zu lesen, genügt oft eine einzige Illustration oder ein Diagramm, um den Kern einer Botschaft zu erfassen. Dies nennt man kognitive Entlastung.

Unser Gehirn muss weniger Energie aufwenden, um ein Bild zu entschlüsseln, als um einen Text zu verstehen. Deshalb behalten wir visuelle Inhalte nicht nur leichter, sondern sie sorgen auch dafür, dass wir uns schneller orientieren und entscheiden können.

Denn unser Gehirn strebt in erster Linie danach, unseren Energiehaushalt in Balance zu halten – quasi die Buchhaltung unseres Körpers (8). Sehr vereinfacht gesagt geht es um die Einnahmen und Ausgaben von Ressourcen, z.B. von Wasser, Salz oder Glukose. Auf Bilder zuzugreifen kostet unser Gehirn weniger Ressourcen. Die Entlastung, die Bilder bieten, schafft Raum für Kreativität und Problemlösungen – Fähigkeiten, die in unserer hektischen und datenlastigen Welt entscheidend sind.

Bilder sprechen uns auf emotionaler Ebene an

Bilder wecken Emotionen in uns, weil sie direkt unser limbisches System ansprechen. Das limbische System spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung, Verarbeitung und Regulierung von Emotionen. Es ist ein komplexes Netzwerk aus Gehirnbereichen, die eng miteinander verbunden sind. Das Zusammenspiel der Bereiche ermöglicht es uns, auf die vielen Eindrücke und Impulse, die auf uns hereinprasseln, auch angemessen zu reagieren. Dabei sind viele dieser Impulse visueller Natur, das heisst, es sind Bilder. Und jetzt wird auch klar, wieso uns Bilder so direkt Gefühle vermitteln.

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Wenn wir ein Bild betrachten, kann es Erinnerungen an vergangene Erfahrungen hervorrufen oder uns in eine bestimmte Stimmung versetzen. Wann hast du dir das letzte Mal Fotos von deinen Sommerferien angeschaut? Bestimmt hast du beim Betrachten unwillkürlich gelächelt. Vielleicht hast du für einen Moment die Sonne auf deiner Haut gespürt, oder hattest den Geschmack dieses unglaublich leckeren Essens auf der Zunge. Und das alles, weil du ein Bild betrachtet hast.

Dem Gehirn geben, was es liebt: Bilder

Visualisierungen bereichern – und es ist so einfach, mit Visualisierungen sein Leben zu bereichern. Denn: eigene visuelle Notizen zu machen ist unkompliziert: Sketchnotes sind praktisch, um Text und Visualisierungen zu verbinden. Wer jetzt meint, dass das schwierig ist und man ja dafür zeichnen können muss, hier die gute Nachricht: das muss man nicht. Es ist viel einfacher als man denkt. Wer den eigenen Namen schreiben kann, kann auch Sketchnotes machen, und Sketchnoting lässt sich einfach lernen. Hier gibt es Informationen zu Workshops von speakture.

Quellenangaben

Veröffentlicht: 13.06.2021
Zuletzt bearbeitet: 20.09.2024

Über die Autorin

Dana Rulf

Visual Practitioner aus Leidenschaft – und weil es Sinn macht. Seit über zwanzig Jahren bewegt sich Dana Rulf in einer anspruchsvollen internationalen Geschäftswelt, deren Komplexität laufend zunimmt. Als Expertin für Visual Thinking, visuelle Kommunikation, Graphic Recording und Business Visuals vermittelt sie komplexe Sachverhalte auf einfach verständliche und einprägsame Weise mit Hilfe von Bildern. Sie begleitet seit Jahren Führungspersönlichkeiten und Unternehmen dabei, ihre Expertise und Kernbotschaften sichtbar zu machen. Dadurch entsteht Klarheit, welche die Zusammenarbeit erleichtert und zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Zudem lehrt sie alles rund ums Visualisieren an verschiedenen Instituten. Sie ist Mitgründerin und Präsidentin des Branchen-Vereins „Visual Practitioners Switzerland“.

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